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Rave in den Weiten des Pop

Pop: lange Zeit ein Unwort für jeden ernsthaften Techno-Musiker. Doch mittlerweile ist Techno nicht mehr ernsthaft und Pop ein respektabler Anspruch. Hartmut Wessling alias Decomposed Subsonic jedenfalls ist einverstanden, wenn man Stücke seines neuen Albums „Gradients“ als poppig bezeichnet.

Spezialistentum ist seine Sache nicht: Wessling hat im eigenen Studio bereits Dancefloor-Acts produziert, durch den „Casino“-Mix von „Your Disco Needs You“ Kylie Minogue wieder zu Hipness und Chart- Erfolg verholfen und mit dem eigenen Track “Blaue Löwen” einen veritablen Club-Hit gelandet. Das gleichnamige Album auf dem Kölner Ware-Label bescherte Wessling im letzten Jahr begeisterte Kritiken und das nicht mehr oft gebrauchte Etikett „Rave“ – was durchaus in seinem Sinn ist, denn Decomposed Subsonic steht auch auf „Gradients“ für euphorische und dabei intelligente Tanzmusik im House- und Techno-Kontext. Damit hebt sich Wessling wohltuend von den zuweilen staubtrockenen Produktionen anderer Kölner ab. „Etoile Bleue“ vom neuen Album ist ein wunderbares Beispiel für einen Sound, zu dem nicht nur Raver die Arme in die Luft werfen. Sondern auch Menschen, für die Pop noch nie ein Unwort war. (Prinz Köln 24.05.-30.06.02)
 
 
„In mir sind sozusagen zwei Seelen“,

erklärt Hartmut Wessling den Spagat zwischen Underground und Kommerz, der für ihn selbst keiner ist. Da spricht der Profi lieber von Synergie-Effekten. Während die Studioarbeit für Majors und „Produkte“ für handwerkliches Können sorgt, bietet sein Projekt Decomposed Subsonic mehr Experimentierfläche, wobei das eine in das andere einfließt und umgekehrt. „Man sollte von vorneherein die Eigenschaft haben, Sachen voneinander zu trennen. Auch muss man den Trieb haben sich permanent weiterentwickeln zu wollen.“

Wessling ist Anfang 30, lebt in Köln, hat schon eine bewegte Musikerkarriere hinter und aller Wahrscheinlichkeit noch eine viel bewegtere Karriere als Musiker und Produzent vor sich. Ein Akkordeon war die Einstiegsdroge. Mit 13 wurde es gegen „härtere Sachen“ wie Chorus Bodenpedal und Bassgitarre getauscht. Dann lernte Wessling den Jazz kennen und lieben, fand sich in einer Acid-Jazz-Formation wieder, entdeckte dabei seine Vorliebe für HipHop, und landete schließlich über Drum’n’Bass bei Techno und House.

Nebenbei wurde das Bedroom-Recording ins erste eigene Studio verlegt und die Musikproduktionsfirma Xtreme Sound ins Leben gerufen, die er heute gemeinsam mit Michael Rötgens, Ex-Gitarrist der inzwischen aufgelösten Thekenschlampen, betreibt. Extrem erfolgreich. Für zahlreiche Mainstream-Nummern stand das Team bereits an den Reglern, darunter auch Kylie Minogues Comeback-Hit „Your Disco Needs You“, zu welchem Wessling und Rötgens den Radio-Edit produzierten.

Nach einigen Maxis folgte im vergangenen Jahr auf Ware das Debüt-Album von Decomposed Subsonic. Von „Blauen Löwen“ erzählte er uns damals und servierte funk- und bassgeladenen Minimal-Techno-House mit viel Humor und noch mehr Liebe für’s Detail. Weil den meisten Radiostationen die „Blauen Löwen“ wohl zu blau waren, scheiterte allerdings der Versuch, den poppigen Titeltrack als New Sonic via BMG/Modul in die Charts zu bringen. „New Sonic hat zwar im kommerziellen Sinne nicht funktioniert, dadurch ist allerdings ein super Kontakt zu einer netten Plattenfirma entstanden.“ Und New Sonic als eigenständiges Projekt. Doch das ist eine andere Geschichte.

„Gradients“ heißt das neue Decomposed Subsonic-Album, welches Wessling mit mehr „un- verkennbarer Euphorie“ tränkte. „Es ist musikalisch eindeutiger“, findet er, „und die Konsequenz dessen, dass ich immer mehr Bock darauf habe, geschmackvolle Abgehmucke zu machen“. Obwohl subtiler integriert , kommt auch „Gradients“ mit einer Menge Pop-Appeal daher. Dafür sorgen schon die Tracks mit Rob Taylor und der belgischen Sängerin Twila Too, mit welcher sich eventuell ebenfalls ein neues Projekt anbahnt. Wie auch eine Kooperation mit Big Chief Electric für Boxer Records. Und irgendwann könnte dann auch ein eigenes Label folgen – erste Gedanken wurden bereits durchgespielt. Ohnehin gehört Wessling zu den Leuten, die, „wenn sie dann doch Urlaub machen, erst mal krank werden, weil der Körper die Entspannung nicht gewöhnt ist.“ Thomas Lux (in Groove 04/02)
 
 
Decomposed Subsonic versucht sich an den tiefsten Tönen.
Hauke Schlichting spitzt die Ohren

...Wenn man im letzten halben Jahr irgendwo im Lande einen Auftritt im Rahmen der Ware-Tour anschaute, konnte man meist neben einem Dj-Set von Ware-Chef Mathias Schaffhäuser auch einen grandiosen Live-Set von Hartmut Wessling aka Decomposed Subsonic erleben: der Über-Hit „Blaue Löwen“ war da fast eins der – relativ betrachtet – schlechteren Stücke, Wessling ravte so höllisch durch die Clubs, dass es kaum zu fassen war.

Und wenn alles tobte und schrie, dann gönnte sich der Gute noch ein paar Acidspiralen, um dann endlich mit dem erlösenden Bass alles an die Wand zu blasen. Unglaublich! Neu ist alt ist neu! Überhaupt: der Bass – nicht dass nicht viele Produzenten wissen, wie man den fett hinkriegt, aber Hartmut Wessling ist in diesem Punkt ein Profi... ( Beam me up 5/02)